Nachhaltige Ressourcenverwendung und Suffizienz - ein Thema für die Geistes- und Sozialwissenschaften

Beitrag von Beatrice Kübli, SAGW

Was ist Suffizienz? Dies war eine zentrale Frage im Workshop «Suffizienz in der Schweiz – Impulse durch Sozial- und Geisteswissenschaften» am eco.naturkongress in Basel. Dem Begriff «Suffizienz» haftet die Forderung nach Verzicht an, was in unserer Gesellschaft keineswegs beliebt und politisch sogar ein Unding ist. Weshalb eigentlich? Welche gesellschaftlichen Mechanismen bewirken, dass Konsum als befriedigend und Bescheidenheit als selbstdisziplinierend erlebt werden?

Suffizienz setzt Verhaltensänderungen voraus. Die Herausforderungen rund um die Ressourcenverwendung und Nachhaltigkeit lassen sich also nicht nur technisch oder ökonomisch lösen. Es braucht den Beitrag der Geistes- und Sozialwissenschaften, beispielsweise um zu klären, wie Verhaltensänderungen erreicht werden können und welche sozialen und institutionellen Rahmenbedingungen dazu nötig sind.
Zur Frage wie der Beitrag der Geistes- und Sozialwissenschaften sonst noch aussehen könnte, wurden im Workshop verschiedene Vorstellungen präsentiert:

  • Es ist Aufgabe der Geistes- und Sozialwissenschaften, Dinge zu thematisieren, die selbstverständlich scheinen. (z.B. Weshalb ist Verzicht ein Tabu? Weshalb gilt Wachstum als erstrebenswert?)
  • Den homo oeconomicus gibt es nicht. Die Geistes- und Sozialwissenschaften sollen erforschen, wie Bewusstsein und Einstellungen entstehen. (z.B. Wie entstehen die verschiedenen Lebensstile? Was motiviert zu umweltgerechtem Handeln? Wie beeinflusst das Umfeld die eigenen Handlungen?)
  • Die Geistes- und Sozialwissenschaften sollen Initiativen erfassen und analysieren, die in der Gesellschaft mit dem Ziel entstehen, Nachhaltigkeit zu erreichen (z.B. Share Economy)
  • Die Sozial- und Geisteswissenschaften sollen dazu beitragen, die soziale Akzeptanz für neue Modelle und Technologien zu fördern. 

Ist Suffizienz im heutigen System überhaupt möglich? Solange Kapitalakkumulation und Nutzenorientierung vorherrschen, ist es schwierig, umwelt- und sozialverträglich zu leben. Es braucht einen Paradigmenwechsel, neue Visionen und Alternativen zum Bestehenden. Ein erster Schritt dazu sind beispielsweise flexible Arbeitszeiten und verschiedene Arbeitszeitmodelle, so dass jeder für sich entscheiden kann, ob ihm mehr Geld oder mehr Freiheit wichtiger sind. Auch die Wissenschaft sollte sich von der Nutzenorientierung lösen können und wieder Zeit haben, vermehrt über Grundsätzliches nachzudenken, denn Innovationen sind nicht berechenbar.

Der Versuch suffizienter zu werden, ist ein gesellschaftlicher Prozess, nicht ein technischer oder institutioneller. Das sollte von der Politik so wahrgenommen werden.

Kommentare